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Ein TGV, zwei Status (Swiss Press Text 2014, von Matteo Maillard) - Swiss Press Award

Le Temps

Text
2014

Matteo Maillard

Sehr geehrte Damen und Herren der Jury, als 25-jähriger Journalist hatte ich die Gelegenheit, für die Tribune de Genève, Le Temps und Le Courrier zu schreiben, wo ich derzeit arbeite. Parallel dazu nehme ich seit September 2012 an einem Ausbildungsprogramm der französischen Tageszeitung Le Monde teil, das sich speziell an junge französischsprachige Reporter richtet. Als einziger Schweizer unter den 68 ausgewählten Finalisten hatte ich die Möglichkeit, mehrere Artikel in der Printausgabe oder auf lemonde.fr zu veröffentlichen. Am Ende des Wahljahres 2012–2013 war ich einer von fünf Kandidaten, die für ein zweites Jahr wiedergewählt wurden. Ausserdem wurde mir im August die Ehre zuteil, den Preis für junge Journalisten der Westschweiz 2013 entgegenzunehmen, der vom Club der Schweizer Presse und der GHI-Gruppe verliehen wird. Der Hauptbericht, den ich Ihnen im Rahmen dieses Wettbewerbs vorstelle, erschien am Freitag, dem 21. Juni 2013, auf der Spotlight-Seite von Le Temps. Dies ist ein Querporträt zweier TGV-Zugbegleiter, die für das Schweizer Unternehmen Elvetino auf der Strecke Genf–Paris arbeiten. Dieses Bahngastronomieunternehmen nutzt ein duales Sozial- und Gehaltssystem, um auf dem französischen Markt wettbewerbsfähiger zu sein. Diese unterschiedlichen Systeme für dieselbe Arbeit führen zu Spannungen und Konkurrenz zwischen den Mitarbeitern. Einige sind besser geschützt, andere erhalten ein besseres Gehalt. Die beiden Protagonisten der Geschichte sind Adem und Sophie. Sie repräsentieren jeweils ein bestimmtes Sozialsystem (schweizerisch oder französisch) mit seinen Vor- und Nachteilen. Um diese wirtschaftliche Grenze widerzuspiegeln, habe ich sie an die geografische Grenze und die Landschaft angepasst, die am Zugfenster vorbeizieht. Die Geschichte wechselt zwischen dem Schauplatz des TGV Paris–Genf, wo Adem spricht, und dem des TGV Genf–Paris, wo Sophie spricht. Die Züge fahren dieselbe Strecke, starten aber an beiden Enden. Der Beginn der Reise evoziert die Ursprünge, dann wiederum die Beziehung der Protagonisten zu diesen unterschiedlichen Systemen, bis zur brutalen Begegnung, dem Schock ihrer Reise, symbolisiert durch die Kreuzung der beiden TGV-Züge. Nach seiner Veröffentlichung sorgte der Artikel für großes Aufsehen und kursierte unter den meisten Elvetino-Mitarbeitern. Sophie erklärte mir, dass sie wegen ihrer Mitarbeit an dem Artikel von ihrer Geschäftsleitung unter Druck gesetzt worden sei. Sie bereut jedoch keine ihrer Bemerkungen. Viele Kollegen gratulierten ihr zu ihrem Mut, laut auszusprechen, was alle anderen im Stillen dachten. Die beiden anderen Artikel, die ich Ihnen vorstelle, zeugen von meinen jüngsten Aktivitäten und meinem Interesse am Journalismus, insbesondere an der Berichterstattung. Ich gehe gerne ins Feld, treffe Menschen, höre ihnen zu und nutze mein unmittelbares Umfeld als Material für meine Arbeit. Ich bin überzeugt, dass sich hinter jedem Fenster, an jeder Straßenecke eine Geschichte verbirgt, die es wert ist, erzählt zu werden. Ich hoffe, meine Texte werden Sie überzeugen. Bitte nehmen Sie, meine Damen und Herren der Jury, meine herzlichen Grüße entgegen. Matteo Maillard

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